Das Schloss Varenholz
Schloss Varenholz
-Eine Kurzchronologie-
1323 kaufte der lippische Graf Simon I. dem Ritter von Vornholte, einem alten im 15. Jh.
erloschenen Adelsgeschlecht, die alte Stammburg ab, die dadurch zur landesherrlichen
Residenz aufstieg. Simon I. hatte die Absicht, an diesem Standort ein Schloss zu
errichten. Von der alten Anlage, deren Gebäudeteil urkundlich erwähnt ist, existieren
deshalb heute nur noch einige Fundam
ente.
1427 wurde der gotische Wohnturm, ein massiver schmuckloser, viergeschossiger Bau mit
hohem Steildach, auch als steinernes Moishaus (Speisesaal) bezeichnet, in der
Westecke der heutigen Vierflügelanlage errichtet. Im Laufe des 14. und 15.
Jahrhunderts wurde die Anlage von der Landesherrschaft durch die Anlegung einer
Vorburg, eines Bergfrieds und mehrerer Türme um den Wohnturm zu einem Schloss
ausgebaut und mit einer Reihe von Burgmannssitzen ausgestattet. Ins 15.
Jahrhundert ist wohl auch das südwestliche, schmucklose dreigeschossige Landhaus zu
datieren, an dem in der Folgezeit mehrfach Umbauten vorgenommen worden sind.
Im 15. Jh. wurde das Schloss von den Grafen zur Lippe mehrfach an Ministerialen verpfändet und
befand sich Anfang des 16. Jahrhunderts fast vollständig im Besitz der Burgmannen
aus dem Geschlecht der Wendt.
1542 ließ der Pfandherr des Schlosses, Simon de Wendt, an das Landhaus das um ein
Geschoss höhere Torhaus anbauen, dessen steiler Giebel an der Südseite durch drei
waagerechte Gesimse gegliedert ist, die den von Italien ausgehenden neuen Stil der
Renaissance ankündigen. Die großen Fensteröffnungen des wuchtigen Flügels werden
von reliefartig herausgearbeiteten spätgotischen Vorhangbögen eingerahmt.
1548 fiel das Schloss und die dazugehörige Domäne mit dem Erlöschen des Varenholzer
Zweiges der Herren de Wendt wieder an die Landesherrschaft (Graf Bernhard VIII.,
Vater von Simon VI.).
Seit 1565 erfolgten kleinere Baumaßnahmen, vor allem Renovierungen, am Schloss und an den
Wirtschaftsgebäuden.
1569-1572 errichtete der berühmte Baumeister Herman Wulf mit einigen seiner Knechte ein neue
Scheune bei den Wirtschaftsgebäuden der Domäne. Die Scheune brannte 1962 aus.
Auf dem Scheitel eines zugemauerten Torbogens findet sich noch heute das
Meisterzeichen von Hermann Wulff und darüber das Wappen des calvinistischen
Graven Simon VI. mit der lippischen Rose.
Seit 1572 wird das Schloss unter Simon VI. wieder hergerichtet und großzügig umgebaut, wie
das Fachwerk am südwestlichen Langhaus und die Kamine und Schornsteinaufsätze
des Torhauses.
1582 brachte Wulff für Simon VI. einen Wappenstein über der äußeren Toreinfahrt von
Schloss Varenholz an, der wohl das Abschlussjahr der Umbauten am Torhaus angibt.
Der Wappenstein zeigt Teilelemente aus den Wappen von Simon VI. und seiner ersten
Frau, Gräfin Irmgard von Rietberg, mit der dieser seit 1578 verheiratet war, und ist
mit folgender Inschrift versehen:
Von Gottes Gnaden Simon Grave und Edelher zur Lippe und Rethberch Herr zu Esensz,
Stedestorff und Withmunden. Anno 1582.
1586 heiratete Simon VI. nach dem Tod seiner ersten Frau die Gräfin Elisabeth und nahm
ständige Residenz im Schloss Brake, während er Schloss Varenholz als
Sommerresidenz bis zu seinem Tod im Jahr 1613 nutzte.
1594-1599 wurde Schloss Varenholz unter Simon VI., der die alten Gebäude aus der Zeit der
Herren von Vornholte zu einem großen Teil niederreißen ließ, völlig umgestaltet und erhielt sein heutiges markantes, durch die Stilelemente der Spätrenaissance im
Weserraum geprägtes Aussehen. Simon VI. ließ von dem Baumeister Johan Bierbaum
die aus Wohnturm, Langhaus und Torhaus bestehende Schlossanlage zu einer
Vierflügelanlage mit viereckigem Innenhof ausbauen. Der aus dieser Bauperiode
stammende nordöstliche Flügel mit breitgelagerter, dreigeschossiger Außenfront
zwischen zwei bastionsartig zugespitzten Wehrtürmen wird durch Zwerchhäuser mit
sogenannten Welschen Giebeln (Dreieck- u. Treppengiebel-Kantenschmuck,
Radzinnen, S-Schweifungen mit Muschelfüllungen, Obelisken) sowie durch
Kerbschnittbossensteine und plastischen Figurenschmuck an den Fenster- und
Türrahmen optisch aufgelockert. Dieser, mit farbigem Streifenputz dekorierte Flügel
wird durch den viergeschossigen, reich verzierten Mittelrisalit auf der Hofseite
zwischen zwei poligonalen Treppentürmen hervorgehoben. Unter den Fenstern im
zweiten Geschoss befindet sich ein Wappenfries mit den Wappen von Simon VI. und
seiner zweiten Frau, durch Hermen- und Karyatidenpilaster vertikal gegliedert.
Unter den Wappen sind die beiden folgenden Inschriften zu lesen:
Von Gotz Gnaden Graffe unde eddeler Her zur Lippe Rö(mischer) Ka(aiserlischer)
M(ajestät), Reichshoffradt des Nidderlendschen Westphälischen Kreises Uberst.
Elisabeth, geborne Gräffin zu Holstein, Schwalenburgh und Sterneberch, Frowe in
Ghemen Gräffin und Edle Frowe zur Lippe. Anno 1598.
Auf der Fensterbrüstung im dritten Geschoss ist ein Figurenfries zu sehen, der die
Herrschertugenden und -aufgaben veranschaulicht und mit ihrem lateinischen Namen
benennt. Von links nach rechts: JUSTICIA (Gerechtigkeit), FIDES (Glaube/Treue),
SPES (Hoffnung), CARITAS (Nächstenliebe). Auf der Fensterbrüstung im Erdgeschoss
und im Dachgeschoss ist auf den Feldern zwischen Pilastern die lippische Rose
angebracht. In der Giebelkrönung wurde zwischen den Giebelkantenfiguren, Adam und
Eva, die Jahreszahl 1599 eingemeißelt.
Bis 1638 war das Schloss Witwensitz der Ehefrau von Simon VI.. Danach diente das Schloss
anderen Mitgliedern des gräflichen Hauses als Wohnsitz.
1697-1700 Witwensitz von Amalia, geb. Burggräfin zu Dohna, Frau von Simon Henrich. Sie legte
ein Gartenterrain mit künstlichem Flusslauf an. Ihr Sohn, der Deutschordensherr, Graf
August Wolfhart, wohnte auch bis zu seinem Tode im Jahre 1739 dort.
Nach 1820 dem Todesjahr von Pauline, Prinzessin von Anhalt-Bernburg, Frau von Leopold I.,
zogen Landes- und Forstbehörden ein. Das Schloss wurde von den Beamten und dem
Domänenpächter ohne große bauliche Veränderungen als Wohnsitz genutzt.
1919 müssen die lippischen Grafen den Besitz abtreten. Im Dritten Reich wird eine
Führerinnenschule des Bundes Deutscher Mädchen in das Schloss verlegt.
1945 Für kurze Zeit findet die UFA im Schloss Quartier. Links neben dem Haupttor wird ein
Torbogen, der UFA-Bogen, errichtet.
um 1947 tritt der Landesverband Lippe in Detmold die Rechtsnachfolge für die lippischen
Domänen, Forste Bäder und anderen Güter, darunter auch Varenholz, an.
1949 werden Frau Elisabeth Engels große Teile des Schlosses vom lippischen Landesverband
zur Gründung einer Realschule mit Internat überlassen.
1975-1986 wird das Schloss restauriert. Große Teile der Bedachung aus Sandsteinplatten werden
erneuert.
1994 übernimmt die Internatsgesellschaft für Kinder- und Jugendhilfe mbH das Schloss.
Seitdem wird das Schloss als Jugendhilfeeinrichtung und Internat für Jungen und
Mädchen genutzt.